27.11.2013

Erfahrungsbericht von Jule Schwär, die von September bis Dezember 2013 in der St. Maurus-Schule mitarbeitet.

Mambo ihr Lieben!
Habari gani, was gibts Neues? Es sind jetzt fast 6 Wochen vergangen, seit ich in Kenia bin, es bleiben mir noch gute 4 Wochen hier. Mein Praktikum endet allerdings bereits Ende nächster Woche, was ich wirklich schade finde, irgendwie ist die Zeit mit den Kindern wie im Flug vergangen. Ich werde euch jetzt berichten, was ich in dieser Zeit so in der Schule getrieben habe.
St. Maurus Schule
Kreativ sein
In der Schule habe ich mich als Kunstlehrerin geübt, Materialien hatte ich aus Deutschland ja reichlich mitgebracht. Ich habe also jede der 3 Klassen einmal in der Woche übernommen und Verschiedenes mit den Kindern gemacht. Angefangen hat es mit den Wachsmalstiften: Die Kinder hatten die Aufgabe, ihre Familie und ihr Haus zu malen. Manche der Kinder haben das auch recht selbstständig hinbekommen, andere brauchten eine klare Vorlage oder wollten sogar, dass ich ihnen die Hand führe. Ich habe die Kinder dann gefragt, wer die jeweilige Person auf dem Bild sei und wer sie selbst sind, so habe ich ein wenig von den Familien der Kinder kennen gelernt. Ich versuche immer, den Kindern beim Basteln so viel wie möglich Freiraum zu lassen. Ich lasse sie ausprobieren, auch wenn es manchmal nicht so klappt und sie z.B. das, was sie gerade eigentlich zurecht schneiden sollen, zerschneiden. Ich merke, wenn ich mit den Lehrerinnen arbeite, dass diese nicht immer Wert darauf legen, die Kinder machen zu lassen und dazu neigen, ihnen manches aus der Hand zu nehmen, damit das Endprodukt auch gut aussieht. In anderen Bereichen jedoch, wie zum Beispiel dem Reinigen der Klassenräume, wird den Kindern viel Freiraum gegeben.
Das nächste Projekt war das Malen mit Wasserfarben. Die Kinder haben das zwar z.T. schon gemacht, aber sehr wenig. Wir haben zunächst mit blauer Farbe das Blatt grundiert, es dann in der Sonne trocknen lassen und danach den Regenbogen gemalt. Bei solchen Aktivitäten versuche ich quasi gleichzeitig überall zu sein, die Kinder beginnen oft nur mit einer neuen Handlung, wie z.B. sich noch mehr Wasser oder Farbe zu nehmen oder die Farbe zu wechseln, wenn sie dazu aufgefordert werden. So passiert es, dass ich, wenn ich wieder zu einem Kind komme, es in der Zwischenzeit immer auf einem Fleck gepinselt hat, sodass das Papier ein Loch bekommen hat…  Es ist also entsprechend anstrengend für mich zu schauen, dass ich allen Kindern Anweisungen geben kann. Wenn ich allerdings bei einem Kind bin und verständlich machen kann, was ich von ihm will, klappt alles ganz wunderbar. Im Grunde genommen sind alle immer sehr begeistert bei der Sache und nehmen Anweisungen nicht nur gerne an, sondern sind oft ständig bemüht, mitzumachen und zu helfen, sodass am Ende immer wieder frisches Wasser gebracht wird, obwohl gar keines mehr benötigt wird.
Von Kipepeo hatte ich die Aufgabe bekommen, mit den Kindern Grußkarten zu basteln, also habe ich mir dafür was ausgedacht. Erst wollte ich Karten mit ausgeschnittenen Motiven basteln und diese mit Transparentpapier hinterlegen. Ich habe aber schnell gemerkt, dass exaktes Schneiden nichts für die Kinder ist, sie jedoch mit den Wasserfarben gut umgehen können. Deswegen habe ich Schablonen gebastelt, mit denen man mit der „Spritztechnik“ die Motive mit Wasserfarbe auf die Karte spritzen kann.  In jeder Einheit mit den Klassen hat jedes Kind eine Karte gemacht, immer hat mindestens ein (manchmal auch bis zu vier) Kind/er  geholfen, die Schablone festzuhalten. Die Kinder konnten immer zwischen zwei oder drei Motiven wählen und durften sich immer die Farbe der Karte und die Farbe der Wasserfarbe aussuchen. Die Karten habe ich mit den Kindern zwei Wochen hintereinander gebastelt, in der ersten Woche waren die Motive zwei Kinder, Mädchen und Junge, die sich an den Händen halten, wenn sie nebeneinander gelegt werden, in der zweiten Woche zum einen ein Regenbogen und zum anderen zwei Blumen. Auf jeder Karte steht der Name des jeweiligen Künstlers oder der jeweiligen Künstlerin.
Das letzte Projekt der vergangen Woche waren Regenmacher und Rasseln, die wir aus Toilettenpapierrollen gebastelt habe. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich auf diese Idee gekommen bin, ich habe einfach irgendwann angefangen, die Rollen zu sammeln und Leute danach zu fragen. Für die Regenmacher wurden jeweils 4 Rollen mit Klebeband aneinander geklebt, die Rasseln bestehen nur aus einer Rolle. Sehr beeindruckt war ich davon, wie exakt die Kinder die Nägelchen in die Rollen stecken konnten, ich hatte davor mit Bleistift Punkte darauf gezeichnet. Diese Aufgabe verlangt ein hohes Maß an Konzentration und Feinmotorik, erstaunlich viele Kinder haben das wirklich fantastisch hinbekommen. Im inneren der Rasseln und Regenmacher befinden sich Linsen, die ich mit viel Mühe unserem Koch Wanjala abgeschwatzt habe =). Erst heute war die erste Runde mit dem Verschönern der Musikinstrumente, dazu haben wir die Regenmacher und Rasseln erst mit weißem Papier beklebt und danach mit Schnipseln von buntem Transparentpapier und selbstgemachtem Kleister aus Mehl und Wasser beklebt. Die Kinder waren erst etwas verwirrt vom Kleister, Weizenmehl wird normalerweise dazu benutzt, Chapatis, Pfannenkuchen zu machen, deswegen hieß es eine ganze Weile nur „Chapati! Chapati!“. Das Rummatschen mit dem Kleister war dann am Ende ein Riesenspaß.

Alles in allem bin ich mit meinem Kunstprojekt also sehr zufrieden. In den wenigen Wochen und mit den Sprachbarrieren, war diese Arbeit mit den Kindern wirklich das Beste, was ich tun konnte. So war es mir möglich sehr selbstständig mit den Kindern zu kommunizieren und zu arbeiten. Beim Basteln hat mir die Verständigung durch Sprache wirklich überhaupt nicht gefehlt, die Kinder haben mein Deuten, einzelne Worte Englisch und Kiswahili so gut verstanden, dass es kaum einen  Unterschied gemacht hätte, wären da noch mehr Worte gewesen.






Sonstiges in St. Maurus
Was wir sonst so in der Schule getrieben haben? Gaaaanz fleißig waren wir in der Produktion für die deutschen Weihnachtsmärkte. Wir haben weiter Papierketten und Ohrringe produziert. Durch meine Mitbewohnerin Eva sind wir aber noch auf eine andere Idee gekommen: Ohrringe aus Stoffresten in verschiedenen afrikanischen Farben und Formen , zusammengeklebt mit einer Art Schaumstoff dazwischen, die sind wirklich schön und super zu produzieren, wenn man ein paar Schneiderinnen in petto hat, die einem kostenlos das Material geben. Ich war auch mit einer anderen Lehrerin Stoffe im Stadtzentrum kaufen in einem kleinen Laden mit vielen Frauen die mehr oder weniger auf oder hinter ihren Stofftürmen thronen und ihre Ware in den höchsten – und lautesten – Tönen anpreisen. Heieiei, es ist ganz schön schwer da raus zu kommen, ohne nicht von jeder der Damen mindestens einen Stoff gekauft zu haben. Vor allem weil die Stoffe wirklich alle ganz wundervoll sind. Danach war ich ganz schön fertig mit den Nerven… aber es hat sich gelohnt! Ein paar Hosen und Taschen zum Verkauf werde ich nach Deutschland mitbringen können.
Ein weiteres schönes Erlebnis war der Geburtstag der Lehrerin Damaris. Ich habe gehört, dass in Kenia ganz selten Geburtstag gefeiert wird, in der Schule in der Regel gar nicht. Da ich aber ein großer Fan von Geburtstagen und insbesondere Kindergeburtstagen bin, habe ich Damaris Geburtstag zum Anlass genommen, quasi eine Geburtstagsfeier für alle zu machen. Wir haben „die Reise nach Jerusalem“ (zu der Musik der Ärzte =)), „Flüsterpost“, „Bello dein Knochen ist weg“ und natürlich „Topfschlagen“ gespielt. Als Preis gab es deutsche saure Gummibärchen. Ein bisschen Partyatmosphäre mit Tanz entstand durch die mitgebrachte Musik schon ganz von selbst. Ich glaube am besten war Topfschlagen und Reise nach Jerusalem…


Reise zu Baba Moses und seiner Familie
Eigentlich führten mich alle meine Reisen bisher zufälligerweise nach Western Kenya in der Nähe der ugandischen Grenze. Die Familie von Baba Moses (in Kenia kann man die Menschen praktischerweise einfach nach ihren Kindern Baba (Papa) oder Mama soundso nennen) habe ich mit Lehrerin Hannah besucht, um mehr über den zukünftigen Verbleib von Moses und Lydia herauszubekommen, die früher beide in St. Maurus waren, jetzt jedoch auf dem Land leben. Moses (ca. 17), der Sohn lebt im Moment noch auf einem Internat wird aber demnächst wieder nach Hause zurückkommen, um ihn ging es hauptsächlich. Lydia (ca. 13), die Enkelin, die ebenfalls bei Baba Moses lebt, ist im Moment nur zu Hause. Für sie wird überlegt, sie in einer benachbarten Schule für geistig behinderte unterzubringen, die Frage nach den Schulgebühren stellt sich hier.
Die Familie lebt in sehr einfachen Verhältnissen, ohne Strom und fließend Wasser auf einer kleinen Farm, die so eben ausreicht, um die Familie zu ernähren. Sie gehören dem Stamm der Luya an und es ist die Regel, dass es mehrere Häuser pro Familie auf dem Grundstück geben muss, Baba Moses kann z.B. nicht mit seinen Kindern in einem Haus schlafen. Und auch Moses wird sich, sobald es ihm möglich ist, ein eigenes kleines Haus auf dem Gelände bauen (müssen). Obwohl die Familie sehr einfach lebt und auch eine erwachsene Frau in der Familie nicht mehr vorhanden ist, wird alles tip top in Ordnung gehalten, samt Spitzendeckchen auf den Möbeln in den Hütten. Für Moses haben wir besprochen, ihm ein paar Schafe und Materialien für einen Unterschlupf zu stellen, damit er ein eigenes kleines Einkommen hat. Auch wird er auf der Farm mithelfen.
Es ist sehr wichtig, die Familien zu besuchen und mit ihnen zu besprechen, was passiert, wenn die Kinder nicht mehr zur Schule gehen können. In Kenia gibt es keine Einrichtungen für geistig behinderte Erwachsene, sodass sie darauf angewiesen sind, mit ihren Familien zu leben. Damit dieses Zusammenleben gut klappt und die Schüler eine Aufgabe bekommen, die sie bewältigen können und machen möchten, ist diese Begleitung und der Kontakt mit den Lehrerinnen unabdingbar.
Mittlerweile ist klar, das ein Budjet für Moses besteht, die Lehrerin wird die Familie demnächst ein zweites Mal besuchen, um alles Einkäufe zu erledigen. Ich werde nächste Woche auf die Abschlussfeier von Moses in Sikri, ebenfalls in Western Kenya in der Nähe des Lake Victoria gehen und dort auch Baba Moses wieder sehen.




Kwa heri, Eure Jule Nahayo (die Glückliche) Achieng (die am Mittag geborene)